Plüschiger Wintertrend: Kunstfell als Alternative zu Lammfell?

Plüschiger Wintertrend: Kunstfell als Alternative zu Lammfell?

Hat echtes Lammfell noch seine Berechtigung? Sobald es draußen ungemütlich kalt und nass wird geht es los – das große “Winterwettrüsten” startet. Mit dicken Jacken, Mänteln und Mützen machen wir uns winterfest. Natürlich vergessen wir dabei auch unsere Vierbeiner nicht und statten sie passend aus. Hier darf, neben den diversen Decken, besonders eines nicht fehlen: Fellchen!   

Dabei ist die Auswahl an Fellprodukten nahezu grenzenlos: ob als Unterlagen für Halfter, Trensen und Gamaschen oder an Sattelunterlagen oder Gurten – es gibt fast nichts, was es nicht mit Lammfell gibt. Was die einen so lieben, sorgt bei anderen für Gewissensbisse: immer wieder steht die Herstellung von Lammfellprodukten, besonders die Gewinnung des Rohmaterials, in der Kritik. Aus diesem Grund greifen viele Kunden auf Produkte aus Fellimitat zurück. Aber ist Kunstfell eine echte Alternative? Das erfährst Du hier: 

Winter Pferde Lammfell Fell
© Sina Spindler

Was sind die größten Kritikpunkte an Lammfell?

Der größte Kritikpunkt an echten Fellen, wie Lammfell, liegt klar auf der Hand: es ist ein tierisches Produkt, das in der Regel nur durch die Schlachtung eines Tieres gewonnen wird. Im besten Falle werden die Felle von Tieren verwendet, die für die Nahrungsmittelindustrie geschlachtet werden. Hier sind die Felle Sekundärprodukte und fallen “sowieso” an. 

Im schlimmsten Falle, werden Tiere eigens für Fell gezüchtet und geschlachtet. Dies wird besonders dann zum moralischen Problem, wenn die Schlachtung und Gerbung im EU – Ausland passiert. 

Es gelten oftmals andere Gesetze und Vorschriften zur Haltung und Schlachtung, die sich oft nicht mit unseren Vorstellungen von “Artgerecht” decken

 Auch die Regeln zum Gerbverfahren sind in diesen Ländern um einiges schwächer als innerhalb der EU. Während hierzulande vermehrt auf medizinische oder sogar rein pflanzliche Gerbverfahren gesetzt wird, kann es in Ländern mit weniger genauen Regeln und Kontrollen dazu kommen, dass chemische Substanzen zur Gerbung verwendet werden, die der Gesundheit des Endverbrauchers, sowie der Arbeiter und der Natur erheblichen Schaden zufügen können. 

In verschiedenen Studien konnten in der Vergangenheit sogar an manchen Fellen geringe Mengen von Quecksilber nachgewiesen werden!

Eine Ausnahme stellen Produkte aus Schurwolle dar. Bei der Herstellung dieser Produkte werden die Tiere geschoren und die geschorene Wolle wird auf Leder – oder Kunststoffunterlagen aufgebracht. Jedoch wird auch hier oft kritisiert, dass die Tiere nicht artgerecht genug gehalten werden und bei der Schur oftmals Tiere schwer verletzt werden.

Ist Kunstleder nachhaltiger als echtes Leder?
© Rebecca Brandt

Kunstfell – eine Alternative zu Lammfell? 

Die Vorteile von Kunstfellen machen sich besonders im Alltag bemerkbar: Die Pflege von Lederimitaten ist deutlich einfacher als die echter Felle. 

Bei echten Fellen müssen bei der Pflege und Reinigung gewisse Punkte berücksichtigt werden, wie:

  • die Regelmäßigkeit der Pflege. So empfehlen manche Hersteller, die Produkte bereits nach acht – bis zehnmaliger Verwendung zu Reinigen.
  • die Reinigungsmittel. Die meisten Hersteller führen spezielle Mittel zur Reinigung der eigenen Produkte. Bei Nicht – verwenden verfällt die Garantie und die Qualität des Produkts geht oft schnell verloren.

Derart hohe Ansprüche haben Fellimitate nicht. Die Meisten können ganz normal in der Waschmaschine mit Standard – Waschmitteln gewaschen werden und sind resistenter gegen Schmutz. Laut Herstellern ist es kein Problem sie über einen längeren Zeitraum zu nutzen, ohne eine bestimmte Pflegeroutine einhalten zu müssen.

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Eigenschaften und Nachteile von Lammfell Alternativen

Eine Eigenschaft die Kunstfelle gerade im Alltag praktisch machen ist, dass sie sich nicht mit Wasser vollsaugen und schneller trocknen. Zwar leitet echtes Lammfell aufgrund seiner natürlichen Fettschicht, die wie eine Imprägnierung wirkt, Wasser in kleineren Mengen ab. Ist es aber zu viel Wasser und die Fettschicht wird abgespült, saugt sich das Fell mit Wasser voll und muss danach über Tage schonend getrocknet werden und die Fettschicht mit speziellen Pflegeprodukten wieder hergestellt werden.

Allerdings gibt es bei Fellimitaten auch Nachteile, die berücksichtigt werden müssen:

  • Zwar können Produkte aus Kunstfellen Wärme halten, diese aber nicht mehr abgeben. Also ist eine Temperaturregulierung nicht möglich und es kann, zum Beispiel unter dem Sattel, ein Hitzestau entstehen.
  • Viele Imitate sind nicht recyclebar, da sie oft aus Stoffen wie Polyester und/oder Acryl und damit aus “Plastik” bestehen. 
  • Gelegentlich können die Chemikalien, die bei der Herstellung verwendet werden, zu Allergien bei Mensch und Tier führen.
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© Lena Charlwood

Lammfell – mehr als nur hübsch und plüschig?

Bei der Wahl zwischen Echtfell und Fellimitat müssen auch die Eigenschaften von Lammfellprodukten bedacht werden, die Lammfell zu so viel mehr als nur zu schicken Accessoire machen. 

Lammfell ist temperaturausgleichend. Dadurch kann körpereigene Wärme gehalten, aber auch abgegeben werden bevor es zu einem Hitzestau kommt. Bereits seit Jahrhunderten bekannt ist die antibakterielle Wirkung von Schafwolle, und damit auch Lammfellen. Diese Eigenschaft ist auch im Stallalltag von Vorteil – so ist zum Beispiel die Keimbelastung in Echtfell – Schabracken um ein vielfaches geringer als in den meisten anderen Satteldecken. 

Eine weitere Eigenschaft von Lammfellen, die wir uns gerne zu Nutzen machen, ist die gleichmäßige Druckverteilung, die durch Lammfellunterlagen gewährleistet wird. Besonders sinnvoll ist dass unter Sätteln und Trensen. Außerdem kann, durch das Unterlegen von Fellen, Reibung minimiert werden, was besonders an Produkten wie Hufglocken oder an Sattelgurten und Trensen Scheuerstellen vermeiden kann.   

Um diese, und noch weitere, positiven Eigenschaft über einen möglichst langen Zeitraum zu erhalten, brauchen Produkte aus echtem Lammfell viel Pflege. Hält man sich an die Vorgaben des Herstellers können die Produkte jahrelang genutzt werden.  

Lyocell und Tencel, Kleidung aus Holz
© Sina Spindler

Entscheidend ist nicht “was” sondern “wie viel”!

In der Frage nach der Nachhaltigkeit hat das echte Lammfell die Nase vorn, beim Tierwohl entscheidet das Imitat das Rennen ganz klar für sich. 

Weniger ist mehr!

Wie bei allen Konsumfragen muss man sich auch hier immer die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellen! Beides sollte nicht aus rein optischen Gründen verwendet werden, sondern wenn ernsthafte Gründe vorliegen, wie Scheuerstellen an der Gurtlage o.ä. 

Wenn die Entscheidung auf ein Kunstfellprodukt fällt, sollte man die Produkte mit dem höchsten Anteil an natürlichen Fasern (z.B. Baumwolle) bevorzugen. 

Bei Produkten aus echtem Fell sollte auf Firmen zurückgegriffen werden, die eine gewisse Transparenz bezüglich der Herkunft des Fells und Herstellung bieten. Verzichten sollte man, nach Möglichkeit, auf Produkte, deren Fell nicht als Sekundärprodukt aus der Fleischwirtschaft stammt.

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